Dark Memories: Das Tagebuch des Alchemisten
17. Mai 1831
Außer diesen leeren Seiten gab es in den letzten Tagen keine Zuhörer.
Es ist jetzt kurz vor Sonnenaufgang und diese Stunden sind die einzige Zeit in der ich einen klaren Gedanken fassen kann. Tagsüber schießen mir unendwegt Bilder durch den Kopf.
Sie zeigen mir das Grauen. Mal zeigen sie tote Männer. Mal Frauen. Sogar Kinder. Manchmal Ausschweifungen der Begierde zwischen mir und diversen Frauen. Ich kenne sie nicht, habe sie noch nie gesehen und empfinde doch Reue. Reue für das was ich nach dem Akt mit Ihnen anstelle. Grausam zerstückelt liegen sie dann vor mir.
Warum aber, so frage ich, sehe ich solche Schreckensbilder?
Ich wäre zu so einer Abart nie im Stande.
Die Zeitung berichtete gestern morgen über einen Mord an einer Prostituierten. Daher die Träume?
Vielleicht liegt es an dem Stress dem ich gerade ausgesetzt bin. Mein Rang als Professor steht auf dem Spiel. Meine Nachforschungen zum Thema Okkultismus werden kritisch betrachtet.


18.Mai 1831
Mein Tag war schwer zu ertragen.Bilder, schlimmer als Alpträume, blitzten heute vor mir auf.Ich sollte vielleicht bei einem meiner Kollegen vorstellig werden. Kopfschmerzen rauben mir seit Wochen jegliche Art von Lebensfreude. Eine objektive Meinung könnte Helfen.In unserer Stadt steigt die Angst. Immernoch ist ein Mörder unterwegs. Die Zeitung berichtete über sein letztes Opfer, einen kleinen Jungen und Sohn einer Hure.Welch psychopathische Tendenzen muss jemand haben um ein Kleinkind, chirurgisch sauber, zu zerteilen?
20.Mai 1831
Ungemach. Angst. Schauer.Trotz der Tatsache das ich gestern nicht außer Haus war, liegt doch jetzt die gestrige Ausgabe der Zeitung vor mir. Gedächtnislücken regen mich zum Nachdenken an.Ich habe einen Termin mit einem Arzt. Dr. Mehdi Califisto war mir bis gestern gänzlich fremd. Ein Kollege, Dr. Schultz, empfahl Ihn mir. Äußerst seltsame Techniken und Gerätschaften soll er bei sich führen.Interessant soll eine Konversation mit Ihm wohl sein.Kurz darauf begenete ich Ihm auf dem Weg zum Auditorium.Dr. Califisto scheint aus dem Morgenland zu kommen. Seine Kleidung mutet etwas seltsam an. Er trägt keine traditionelle Kleidung. Keinen Turban, Kaftan oder Ähnliches.Westliche Kleidung auf den ersten Blick. Doch die Wahl seiner Kleidung erscheint ungewöhnlich, unpassend, unüblich.Hoher Zylinder. Zwicker mit dunklem Glas. Ein dicker Ledermantel, bodenlang, mit schwarz eingefärbtem Fellkragen. Dekadent. Hedonistisch. Dunkel.Seine dunkle Hautfarbe, im schwachen Kontrast zu seinen Kleidern, verleiht Ihm eine Aura des Bedrohlichen.Auf dem Gang sprach er mich an. Er hätte von mir gehört, würde meine Arbeit bewundern - aber nicht die Ärztliche. Er flüsterte mir "Opus Magnum" ins Ohr und gab mir ein Papier in dem ein Ort und eine Uhrzeitvermerkt waren. Alles deutet darauf hin dass Dr. Califisto über meine geheimen Experimente und Nachforschungen bescheid weiß. Auch er muss der Alchemy fröhnen und sich Ihrem Liebreiz hingeben.Heute treffe ich mich mit Ihm und bin mir sicher dass er aus dem Morgenland geheimes Wissen mitbringt.

29. Mai 1831
Alchemy.
Ourobouros.
Prima Materia.
Opus Magnum.
Transmutation.
Das Mosaik nimmt klare Formen an. Mir schwahnt mir Böses. Die Erinnerung an die zurückliegenden Nächte sind mir genommen worden - doch das erlernte Wissen blieb.An die Universität kann ich nicht mehr. Von meiner Abwesenheit wurde Notiz genommen. Doch all das Wissen an den Lehrstühlen ist obsolet, hinfällig und irrelevant.Panacea, Alkahest. Der Stein der Weisen. Meinen Rubicon - Ich habe Ihn überschritten. Doch das Wegegeld war Blut. Fremdes Blut. Unschuldiges Blut.
30 .Mai 1831
Dies wird mein letzter Eintrag in diesen Seiten sein.
Heute Nacht enden meine Forschungen. Auf die eine oder andere Weise.
Die Träume - Nacht für Nacht -, die Visionen -Tag für Tag - sind keine Irrläufer meiner Psyche. Es sind Erinnerungen. Keine Fantasie. Ich bin die fleischgewordene Grausamkeit.
Doch zu diesen Momenten war ich nicht Herr meiner Sinne.
ER kontrollierte mich. ER ist das Unheil, das Verderben, das Grauen. ER ist ein Dämon in Menschengestalt.
Doktor Mehdi Califisto
Doktor Mehdi Califisto
Doktor Mehdi Califisto
Mefisto
MEPHISTO
Ein Blender. Ein Verführer. Ein Incubus.
Mein Wunsch, mein Drang nach der Allwissenheit - nach der Macht der Alchemy rief Ihn herbei.
Ein Pakt so böse wie genial. Unterschrieben mit meinem Blut.
Ich muss Ihn erfüllen. Muss Mephistopheles begleiten - hinüber.
Das Wissen dass ich erhielt, die Freuden, die Sünden - Ich bezahle Sie mit meinem Leben.
Ich, der Alchemist
Doktor Faust,
(ein Mensch)
Geschrieben von Robert Gryczke
Erstveröffentlichung: 2014
